Wissen

Der Perser-Teppich und seine Provenienzen 

Persien ist das Ursprungsgebiet des Orient-Teppichs. Nirgendwo sonst gibt es so
viele Provenienzen mit eigener Knüpf-Tradition. Heute leben noch etwa 13 Millionen Menschen von der Herstellung handgeknüpfter Teppiche. Die Fülle der Muster
ist nahezu unüberschaubar und wird durch die Lebenskraft dieses Kunsthandwerkes ständig erweitert. Die Vielfalt des Perser-Teppichs reicht von der rustikalen Normadenknüpfung bis hin zum feinsten Designer-Teppich. Auch heute noch versucht der Staat, über die Erhaltung der Knüpftraditionen zu wachen. So bemüht man sich bei¬spielsweise, das Färben mit pflanzlichen und mineralischen Farben zu fördern. Jahr¬tausendealte Kenntnisse werden unter der Anteilnahme breiter Bevölkerungsschich¬ten gepflegt und weiterentwickelt.
Aus der Füllle der verschiedenen Provinienzen kommen im Handel einige Namen besonders häufig vor, da sich diese Teppiche In Europa großer Beliebtheit erfreuen:

Mobirise

Esfahan

Die alte Hauptstadt Persiens ist eines der wichtigsten Zentren für die Herstellung feinster Knüpfungen. Rote und blaue Farben dominieren in den überwiegend floralen Motiven. Meist findet man Medaillon-Kompositionen, die fast immer mit dem berühmten Schah-Abbas-Motiv (Bandslimi-Ranken) überzogen sind. Dieses Motiv wurde ursprünglich für die Ausgestaltung der Moscheen Esfahans entwickelt. Fein¬ste Korkwolle dient als Material für die besten Teppiche, die auch oft auf Seide oder mit Seide verarbeitet werden. Lebensbaummotive -Symbol für das Leben im Para¬dies- sind ebenfalls häufig zu finden.
Unter Schah-Abbas dem Großes erreichte die persische Teppichknüpfkunst im Esfahan des 16. Jahrhunderts n. Chr. einen absoluten Höhepunkt. An dieser großen Tradition messen sich heute die besten Teppich-Designer der Stadt. Die zur Zeit auf höchsten technischen Niveau entstehenden Knüpfungen sind auch in der Gegen¬wart hervorragende Beispiele der Meisterschaft persischer Teppiche aus Esfahan. 

Mobirise

Ghom

Die heilige Stadt Ghom liegt in Zentralpersien zwischen Esfahan und Teheran.
Seit dem 20. Jahrhundert hat sich hier die Teppichknüpferei auf einem sehr hohen Niveau angesiedelt. Feine und feinste Woll- und Seidenknüpfungen werden hier meist in Brücken- oder Galerieformaten hergestellt. Die Ghom-Teppiche weisen Im allgemeinen sehr realistische Entwürfe auf. Da Ghom keine eigene Tradition besitzt, sind die dort gestalteten Teppiche deutlich von anderen Provenienzen beinflußt. Die vielen wunderschönen Gärten der Stadt haben aber die Teppich-Designer In¬spiriert, die Schönheit der Blumen In leuchtenden Farben In Ihre Entwürfe einfließen zu lassen. Diese Stilmerkmale haben dem Ghom-Teppich eine eigene Note gegeben. Neben Lebensbaum- und Paradiesdarstellungen, die meist als Mehrabkomposition (Gebetsnische) ausgeführt sind, finden sich häufig Blütenmuster, die sich In Ihrer Ge¬staltung an den Blumenbeeten der Gärten Ghoms orientieren. Solche Knüpfungen bezeichnet man als'Garten-Ghom'. Sie zeigen die enge Verwandtschaft zwischen religiöser und weltlicher Symbolik auf, da Blütenmotive auch Paradiessymbole sind. 

Mobirise

Sarough

Der Sarough-Teppich hat einen großen Namen, welcher weitgehend auf der blühen¬den Manufakturproduktion Im 19. und frühen 20. Jahrhundert fußt. Der kleine Ort Sarough wurde in dieser Zeit zum Anziehungspunkt der besten Knüpfer aus der Region und somit für das wohlhabene Bürgertum Europas und Amerikas zum Inbe¬griff des Perser-Teppichs. Diese nunmehr alten und antiken Exemplare zählen heute zu den beliebtesten Sammlerstücken. Stilisierte Blütendolden bilden das klassische Grundmotiv auf roten, braunen und -als Rarität- auch auf dunkelblauen Grund. Heute werden die meisten dieser Stücke aus Amerika reimportiert, so daß der Name 'Amerikanischer Sarough' zum Begriff für solche Kostbarkeiten geworden Ist.
Über die große Geschichte dieser Provinienz darf man aber nicht vergessen, daß Sarough derzeit zu den leistungsfähigsten Produktionsorten der persischen Teppich¬knüpfkunst gehört. Feine und sehr strapazierfähige Knüpf ungen in leuchtenden Farben und stilisierten Floralmustern setzen die große Traditon erfolgreich fort. Blau- und Rottöne dominieren heute die Farbgebung der Sarough-Teppiche. 

Mobirise

Täbriz

Eines der Zentren persischer Teppichknüpfkunst ist die alte Hauptstadt Täbriz.
Auf hohem technischen Niveau werden hier feine und feinste Knüpfungen mit Wolle und Seide hergestellt. Bedingt durch seine grenznahe Lage war diese Stadt Immer eine wichtige Umschlagstation für Teppiche aus ganz Persien. Daher Ist es nicht verwunderlich, wenn es hier weniger angestammte Motive als eine erstaunliche Fülle von Adaptionen und Weiterentwicklungen traditioneller Motive anderer Provinienzen in den 

Mobirise

Hamedan

Nördlich des Bachtiara-Gebietes liegt Hamedan. In dieser Region werden recht grobe aber sehr robuste Nomadenteppiche auf Baumwollkette geknüpft. Der kur¬dische Einfluß ist spürbar, da verspieltere Blütenmotive neben streng-geometri¬schen Teppichen vorkommen. Auch Hamedan besitz eine große Anzahl von Unter¬Provinienzen wie z.B. Hosseinabad, Naharwand, Tafresch oder Maslagan, die sehr individuelle Stile hervorgebracht haben. Häufig findet man In diesem Gebiet hoch¬florige Knüpfungen mit bester Hochlandwolle. Diese Provlnlenz gehört zu den be-deutendsten Schaafzuchtgebieten des Landes.
Durch Ihre Robustheit und Unempfindlichkeit eignen sich die Hamedan-Knüpfungen besonders zur Herstellung von Galerien für stark strapazierte Flur- und Durchgangsbereiche. Als preisgünstige Gebrauchsteppiche erfreuen sich die Produkte dieser Region einer großen Nachfrage. Natürliche Färbung gibt den Knüpfungen ein zumeist von warmen Tönen dominiertes Erscheinungsbild, daß sich wohltuend in viele Einrichtungsstile einfügt. 

Mobirise

Bidjar

Diese Stadt liegt Im persischen Kurdistan-Gebiet, wo die haltbarsten Orient-Teppiche überhaupt geknüpft werden. Hochflorige, teilweise feine Knüpfungen auf einer Baumwollkette sind vorherrschend. Durch Ihre besondere Struktur, die sich durch eine enorm dichte Knüpfung auszeichnet, erlangen Bidjar-Teppiche ihre außergewöhnliche Qualität. Wenn sie vom Knüpfstuhl abgenommen werden, Ist es erforderlich, die Stücke In einem Intensiven Prozeß des Scherens, Waschens, Trocknens und Spannens geschmeidig zu machen, da man sie vorher teilweise kaum biegen kann. Alte und antike Bidjar-Knüpfungen haben eine weichere Struktur und gehören zu absoluten Raritäten auf dem Teppich-Markt. Die Motive und Farbgebungen heutiger Arbeiten reichen von streng-geometrischen Kompositionen bis hin zu floralen Rankenmustern. Strenge Rautenmotive mit fein durchgezeichneten Herati-Mustern sind; am häufigsten zu finden. Sehr begehrt und selten sind die 

Mobirise

Bachtiari

Das Bachtiari-Gebiet Ist ein Hochland Im südwestlichen Teil Persiens und wird über¬wiegend von seßhaften Nomaden bevölkert. Riesige Schaafherden, die In den Bergen gehalten werden, liefern eine hervorragende, fettreiche Wolle, die auch in viele Nachbarregionen verkauft wird. Fast jedes Dorf oder Städtchen besitzt hier eine eigene Knüpftraditlon mit individueller Gestaltung, die auch der Fachmann nur mit Mühe genau zuordnen kann. Bachtlaries sind allgemein recht grob geknüpft aber sehr strapazierfähig. Erdfarben mit Braun-, Rostrot-, oder Beigetönen werden häufig mit einem dunklen Blau kombiniert.
Stilisierte Floral- und Tiermotive sind typisch für die Region, wobei In neuerer Zeit der Trend zu größeren Realismus in der Gestaltung spurbar wird. Zu den Besonder¬heiten gehören Felde Kompositionen, die sich aus Quadraten mit individuellen Motiven zusammensetzen. Seltene Knüpf ungen dieser Provenienz, wie z.B., Blblbaft oder Armanibaft sind bei Sammlern sehr begehrt und zeugen von der hohen Gestal¬tungskraft der Bauern und Hirten Bachtiaries. 

Mobirise

Nain

Am Rande der Wüste liegt unweit von Esfahan die Stadt Nain. Hier werden seit der ersten Hälfte des 20. Jahrhundets Teppiche geknüpft. Die Kompositionen orientieren sich weitgehend an den Knüpfungen aus Esfahan, die Farbgebung macht 'den Nain' jedoch zu einer eigenständigen Stilart. Beeinflußt durch die Wüste mit Ihrem Sand und dem ewigen Blau des Himmels, weisen diese Knüpf ungen überwiegend kühle Farbharmonien mit Beige-, Braun- und Blautönen auf.
In der Gestaltung sind Nain-Knüpfungen stark von Esfahan-Motiven geprägt. Eine Besonderheit sind die Adaptionen aus den Moscheen Esfahans, die In die Kompo¬sition vieler Entwürfe dieser Provenienz einfließen. Häufig wird der Blick unter das Kuppeldach mit seinen Nischen und Arabesken dargestellt. Feine und feinste, mit Seide verarbeitete Knüpfungen sind typisch für das hohe Niveau, auf dem in Naingearbeitet wird. Die Popularität dieser Teppiche hat sogar dazu geführt, daß diese Motive und Farbgebungen auch von anderen Provenienzen übernommen werden. 

Mobirise

Ghashgai

Einer der wichtigsten Nomaden-Völker Persiens send die Ghaschgal em Süden des Landes. Ihr Gebiet erstreckt sich von Schiras bis zur parkistanischen Grenze. Durch diese weite Verbreitung weisen ehre Knüpfungen viele Merkmale aus anderen Regionen auf. Strenge Geometrie und stilisierte Teer- und Floralornamentik sowie eine warme Farbgebung verleihen den Ghaschgal-Teppichen Ihren typisch rustikalen Charakter. Trotz der zunehmenden Seßhaftigkeit der Nomaden werd auch im festen Haus der horizontale Knüpfstuhl benutzt. Als Kette kommt in der Regel Wolle oder Ziegenhaar vor. Ghaschgal-Knüpfungen send nicht fein aber von guter Haltbarkeit. Alte und
antike Knüpf ungen dieses Stammes werden sehr geschätzt und haben einen hohen Sammlerwert. Die typischen Rautenmotive der Ghaschgal haben auch Städte wie Schiras und Abadeh in ihrer Teppichgestaltung beeinflußt.
Alte Knüpfungen dieser Provinienz überraschen auch nach vielen Jahrzehnten durch die Leuchtkraft ihrer Farben. Auch die neuen Arbeiten werden nach wee vor natürlich gefärbt. 

Mobirise

Belutsch

Im Grenzgebiet zwischen Persien und Afghanistan leben die Belutsch-Nomaden. Belutsch-Teppiche send wegen ihrer warmen Farbgebung, unaufdringlichen Muster und ihrer günstigen Preise in Europa sehr beliebt. Die Nomaden knüpfen in der Regel zunächst für den eigenen Bedarf, so daß die Teppiche meist erst nach einigen Jah¬ren in den Export gelangen. Sie weisen dann oft schon jene typischen Farbwellen (Abrasch) auf, die Liebhaber als Zeichen der Individualität dieser Nomadenarbeiten zu schätzen wissen. In der Regel entstehen diese Effekte durch den Einsatz verschie¬dener Wollbündel, die dann nach mehreren Jahren langsam Ihre Farbe unterschied¬lich verändern. Auf dem horizontalen Knüpfstuhl wandern die meist als Brücken ge¬knüpften Stücke mit den Nomaden über weite Strecken, so daß sich die Fertigstellung über 

  OTDjafar.de

Orientalische Wohnkultur